Achtsamkeit
7. Dezember 2020Wie Pseudo-Gefühle uns Schwierigkeiten einhandeln
21. Dezember 2020„Was bist Du denn so schlecht gelaunt?“
„Du bist ganz schön egoistisch!“
„Deine Arbeit ist Dir wichtiger als ich.“
Hören Sie solche oder ähnliche Sätze öfter? Und benutzen Sie sie vielleicht selbst?
Bei den genannten Beispielen werden Bewertungen ausgesprochen. Dies ist in vielen Situationen wenig hilfreich für die Kommunikation und führt dazu, dass ein Vorwurf gehört wird, auf den das Gegenüber entsprechend reagiert. Das Ergebnis ist oft eine Diskussion über die „richtige“ Bewertung. Das eigentliche Thema, die Bedürfnisse und Wünsche, wird gar nicht besprochen. Die Gesprächspartner gehen dann meist unzufrieden auseinander und denken z.B. „Was war das denn gerade?“
Im ersten Schritt der Gewaltfreien Kommunikation geht es daher darum, zunächst einmal Beobachtungen und Bewertungen auseinanderzuhalten und sich dann bewusst für das Aussprechen des einen oder des anderen zu entscheiden:
„Die GFK tritt nicht dafür ein, dass wir vollkommen objektiv bleiben und uns jeglicher Bewertung enthalten. Sie verlangt nur, dass wir zwischen unseren Beobachtungen und unseren Bewertungen sauber trennen.“ (Marshall Rosenberg)
Wenn wir einem anderen Menschen mitteilen wollen, was uns bewegt, und dabei eine Bewertung benennen, verringern wir die Wahrscheinlichkeit, dass der andere das hört, was wir sagen wollen. Stattdessen wird der andere eher Kritik oder einen Angriff hören und abwehrend reagieren. Nicht selten geraten Konfliktparteien daher gleich zu Beginn in einen neuen Streit darüber, was den Konflikt überhaupt ausgelöst hat. Sie streiten über ihre unterschiedlichen Bewertungen der Situation, anstatt sich auf die Fakten, also die Beobachtung zu verständigen. Um einen Konflikt für beide Seiten erfolgversprechend anzugehen, brauchen beide Parteien als Erstes einen gemeinsamen Ausgangspunkt: Was ist genau geschehen? Was sind die sachlich überprüfbaren Fakten, denen beide zustimmen können? Sprachlich wird das mit der Sinneswahrnehmung ausgedrückt: Was sehe ich, was höre ich?
Die eigene Bewertung ist trotzdem weiterhin vorhanden. Das können wir gar nicht verhindern und das ist auch nicht das Ziel in der Gewaltfreien Kommunikation. Beim Thema „Selbstempathie“ werde ich erläutern, dass unsere Bewertungen wichtige Informationen für uns liefern. Wenn wir jedoch ein konstruktives und klärendes oder lösendes Gespräch führen wollen, sind wir gut beraten, unsere Bewertungen für uns zu behalten und stattdessen die Beobachtung auszusprechen.
In den obigen Beispielen könnte das z.B. so aussehen:
Bewertung | Beobachtung |
„Was bist Du denn so schlecht gelaunt?“ | „Du bist gerade mit unbewegtem Gesicht hereingekommen und hast nicht gegrüßt.“ |
„Du bist ganz schön egoistisch.“ | „Du hast Deinen Urlaub in den Plan eingetragen, ohne Dich mit den Kollegen abzusprechen.“ |
„Dir ist Deine Arbeit wichtiger als ich.“ | „Du bist diese Woche dreimal um 20 Uhr nach Hause gekommen und gerade hast Du gesagt, das Du Samstag arbeiten wirst.“ |
So isoliert klingt das für Sie vielleicht zunächst auch noch etwas vorwurfsvoll. Der Unterschied ist, dass unbestreitbare Tatsachen benannt werden anstatt persönlicher Schlussfolgerungen. Das Benennen der Beobachtung stellt jeweils den ersten Teil des Gesprächseinstiegs dar und wird nicht alleine geäußert, sondern durch eigene Gefühle und Wünsche ergänzt. In den nächsten Wochen werde ich mich in meinen Beiträgen den weiteren drei Schritten widmen.
In dieser Woche finden Sie auf meinem Facebook-Profil Beiträge aus meinem Alltag zur Unterscheidung von Beobachtungen und Bewertungen. Wenn Sie dieses Thema interessiert, können Sie z.B. in Ihrem Alltag beginnen, bewusst auf Bewertungen zu achten und zu überlegen, was die reine Beobachtung in der Situation ist oder war.
Ich freue mich auf Ihre Meinungen oder Ihre Erfahrungen in den Kommentaren.